Ihr gutes Recht.

Oldtimerrecht - Recht für historische Räder

Nach einer Auswertung des Kraftfahrt-Bundesamtes waren in Deutschland im Jahr 2011 231.064 Fahrzeuge mit H-Kennzeichen zugelassen, während es vor 10 Jahren lediglich 97.208 historische Fahrzeuge waren. Damit hat sich jedoch nicht nur die Freude am Oldtimer fahren verdoppelt. Mit der Zunahme der Beliebtheit von Oldtimern sind auch die oldtimertypischen Rechtsprobleme gestiegen.

1. Was ist ein Oldtimer?

Mercedes Benz-SSK – wer kennt ihn nicht? Ein solches automobiles Prachtstück wurde insgesamt nur 33 mal gebaut. „Wenn man weiß, dass zwar nur 33 Autos dieses Typs gebaut wurden, bei der FIVA inzwischen aber weit mehr als 100 registriert sind, wird einem die Dimension des Problems bewusst“, erklärt Mercedes-Benz-Classic-

Geschäftsführer Michael Bock. Wie kommt das?

§ 2 Nr. 22 FZV definiert Oldtimer als Fahrzeuge, die vor mindestens 30 Jahren erstmals in den Verkehr gekommen, weitestgehend dem Originalzustand entsprechen, in einem guten Erhaltungszustand sind und der Pflege kraftfahrtechnischen Kulturgutes dienen. Die Problematik liegt also in der Originalität eines Oldtimers. Nach dem Vorerwähnten haben sich also im Laufe der Zeit die 33 Mercedes SSK verdreifacht. Es stellt sich also die Frage, wer ist im Besitz der 33 Originalfahrzeuge? Die Rechtsfrage, wie viel Rest eines Oldtimers noch vorhanden sein muss, um im Rahmen einer Restauration mit originalen aber Neuteilen den Oldtimerstatus nicht zu verlieren, ist rechtlich ungeklärt. Gerade bei hochpreisigen Fahrzeugen ist das Thema Originalität ein ganz zentrales, welches man nicht einfach über den Teil des Rahmens auf dem die Fahrgestellnummer eingeschlagen ist, lösen kann. Eine Rechtsprechung hierzu existiert bislang nicht.

2. Zulassung als Oldtimer

Nach der Vorschrift des § 9 Abs. 1 FZV wird ein H-Kennzeichen zugeteilt, sofern der Oldtimerstatus durch ein Gutachten nach § 23 StVZO belegt ist. Diese Voraussetzungen liegen vor, wenn das Fahrzeug vor mindestens 30 Jahren erstmals in den Verkehr gekommen, weitestgehend dem Originalzustand entspricht, in einem guten Haltungszustand befindlich ist und der Pflege kraftfahrzeugtechnischen Kulturgutes dient.

Wie sieht es mit technischen Änderungen und Tuning aus?
Ein H-Kennzeichen wird nur dann vergeben, wenn technischeÄnderungen innerhalb der ersten 10 Jahre ab Erstzulassung vorgenommen wurden oder mindestens 30 Jahre alt sind, was letztlich vom Fahrzeughalter nachzuweisen ist.

Weitere Probleme betreffen das Kriterium des guten Erhaltungszustandes, welcher als „erhaltungswürdiger Zustand“ definiert ist. Oldtimertypische Patina ist erlaubt, darüber hinausgehende Abnutzung jedoch nicht.

Die Nutzung eines roten Oldtimerkennzeichens nach der Vorschrift des § 17 FZV bietet den Vorteil, dass es sich hierbei um ein Wechselkennzeichen handelt, welches auf mehreren Fahrzeugen eingesetzt werden kann. Jedoch hat es einen gravierenden Nachteil, nämlich, dass es nur im Zusammenhang mit Oldtimerveranstaltungen, für Probe- und Überführungsfahrten sowie für Fahrten zum Zwecke der Überprüfung und Wartung benutzt werden darf, nicht jedoch für „normale“ Oldtimerausfahrten. Außerdem ist ein Fahrzeugscheckheft über die durchgeführten Fahrten zu führen. Es besteht also ein entsprechender Verwaltungsaufwand. Weitere Probleme bestehen im Zusammenhang mit einer gewerblichen Nutzung eines historischen Fahrzeugs. Fraglich ist, ob es beispielsweise einem Taxiunternehmer oder einem Busunternehmer erlaubt ist, historische Fahrzeuge zur Personenbeförderung einzusetzen. Nach einer Entscheidung des OVG Sachsen aus dem Jahr 2011 sollte dies möglich sein.

3. Unfälle mit Oldtimern

Ein ganz zentraler Punkt ist, was passiert, wenn einen das automobile Oldtimer-Glück einmal verlässt? Hier stellt sich einem die komplette Palette unfallrechtlicher Probleme, nicht nur was die Schadenshöhe betrifft. Man kann sich vorstellen, dass gerade größere Beschädigungen mit erheblichem (finanziellem) Aufwand zu beseitigen sind. Nach einer ständigen Rechtsprechung des BGH steht es einem Geschädigten zu, im Fall der vollständigen Reparatur vom Schädiger 130 % des Wiederbeschaffungswertes einschl. eines unfallbedingten merkantilen Minderwertes geltend zu machen. Bei Schäden an einem Oldtimer dürften diese 130% schnell erreicht sein. Gerade hier ist das generelle Recht eines Geschädigten, bei der Bemessung eines Unfallschadens einen versierten Sachverständigen hinzuziehen, wichtig, damit dieser den Wiederbeschaffungswert, welcher bei Oldtimern, abhängig vom Fahrzeugtyp, recht schwer zu ermitteln ist, korrekt beziffert. Nachdem eine Reparatur im Rahmen der 130 %-Rechtsprechung möglicherweise nur schwer zu bewerkstelligen ist, hat der 1. Deutsche Oldtimerrechtstag am 26.09.2009 beschlossen, dass das Wiederaufbauinteresse bei Oldtimern dazu führen kann, dass bei einem Verkehrsunfall die Reparaturkosten auch dann zu erstatten sind, wenn sie die oben genannten 130 % erheblich überschreiten. Dies ist im Hinblick auf die Beschädigung historischer Fahrzeug-Substanz auch sachgerecht. Es bleibt abzuwarten, inwieweit sich hier eine Rechtsprechung entwickelt.
Es stellt sich dann das zusätzliche Problem der Höhe der Nutzungsausfallentschädigung. Nach einem Beschluss des 3. Oldtimerrechtstages vom 17.09.2011 soll eine Nutzungsausfallentschädigung grundsätzlich auch bei Oldtimern anfallen. Dieser Position hat sich der BGH in seiner Rechtsprechung nicht angeschlossen.

Schließlich soll nach zwei Beschlüssen des 1. und 3. Oldtimerrechtstages auch ein merkantiler Minderwert bei der Beschädigung eines Oldtimers vom Schädiger zu ersetzen sein.

4. Vertragliche Besonderheiten

Typisch im Zusammenhang mit dem Kauf/Verkauf eines Oldtimers werden immer gerne Classic-Data-

Kurzbewertungen vorgelegt. Doch Vorsicht: Solche Kurzbewertungen dienen ihrem Inhalt nach nur der Versicherungseinstufung und geben nicht den tatsächlichen Marktwert wieder. Hier stellt sich die Frage, der Haftung für ein falsches Gutachten. Wenn also ein Sachverständiger eine falsche Classic-Data-Kurzbewertung erstellt, läuft er Gefahr, auch gegenüber einem ge- und damit auch enttäuschten Käufer aus den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter zu haften, gerade wenn ein solches Gutachten im Zusammenhang mit der Veräußerung erstellt wird. Es ist immer besser, bei Kaufabsicht einen eigenen Sachverständigen hinzuzuziehen, vor allem was Importe, „Scheunenfunde“ etc. betrifft. Es gibt in Deutschland gar nicht so viele Scheunen, wie „Scheunenfunde“ angepriesen werden.

Auch stellt sich die Frage nach Offenbarungspflichten eines Verkäufers gegenüber dem Käufer (Rost, Schäden) sowie über die über die Konsequenzen bei einem Verstoß hiergegen.

Im Werkvertragsrecht (Restauration, Reparatur, Transport etc.) und im Versicherungsrecht (Kaskoversicherungen) gibt es ebenfalls eine Fülle von oldtimerspezifischen Problemen, deren Lösungen oldtimerspezifischen rechtlichen Sachverstand voraussetzen, um die Freude am Oldtimer nicht aufgrund haftungsrechtlicher Probleme zu verlieren und Recht und Rad in Einklang zu bringen.